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Kein Wegfall der Wiederholungsgefahr durch bloße notarielle Unterlassungserklärung

Eine notarielle Unterlassungserklärung stellt den Verletzten im Unterlassungsprozess klaglos, im einstweiligen Verfügungsverfahren beseitigt sie die Wiederholungsgefahr aber nicht, hierzu muss die Zustellung einer Ordnungsmittelandrohung hinzukommen (Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 10.04.2015, Az. 6 U 149/14).

Ein Wettbewerbsverstoß berechtigt einen Unternehmer – mit und ohne Abmahnung – gegen einen Verletzer Verletzer eine einstweilige Verfügung zu erwirken oder eine Unterlassungsklage zu erheben. Der Verletzer kann beide Gerichtsverfahren dadurch vermeiden, dass er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nach § 12 Abs. 1 S. 1 UWG abgibt; verstößt er hiergegen, muss er eine Vertragsstrafe an den Unternehmer zahlen. Einige Verletzer wählen einen alternativen Weg und geben eine notarielle Unterlassungserklärung ab. Bei einem Verstoß gegen die notarielle Unterlassungserklärung muss der Verletzer ein vom Gericht festgesetztes Ordnungsgeld zahlen. Diese Ordnungsgeldfestsetzung erfolgt allerdings nur, wenn zuvor das zuständige Gericht hinsichtlich der notariellen Unterlassungserklärung das Ordnungsgeld angedroht und seine Ordnungsmittelandrohung dem Verletzer zugestellt hat. Die notarielle Unterlassungserklärung bietet zudem folgende zwei Vorteile: Zum einen hat es der Verletzer in der Hand, welchen Notar er betraut und damit welches Gericht später für das Ordnungsmittelverfahren (Ordnungsmittelandrohung und Ordnungsmittelfestsetzung) zuständig sein wird. Zum anderen fließt bei einem Verstoß gegen die Unterlassungserklärung das Ordnungsmittel in die Staatskasse und nicht in die „Kriegskasse“ des Unternehmers.

Das Oberlandesgericht Köln befasste sich nun zum einen mit dem Rechtsschutzbedürfnis und der Frage, ob ein Unternehmer eine Unterlassungsklage erheben (oder eine einstweilige Verfügung beantragen) darf, wenn der Verletzer bereits eine notariellen Unterlassungserklärung vorgelegt hat? Zum anderen mit der Wiederholungsgefahr und der Frage, unter welchen Voraussetzungen die notarielle Unterlassungserklärung die Gefahr von künftigen Verletzungshandlungen ausschließt?

Der Entscheidung lag (verkürzt) folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien handeln bei e-Bay mit Fahrrädern. Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen irreführenden Produktbeschreibungen ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte gab die geforderte Erklärung nicht ab. Stattdessen gab sie eine notarielle Unterlassungserklärung ab. Der Kläger erhielt die notarielle Urkunde und erwirkte dennoch beim Landgericht Köln (Az. 33 O 271/13) eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte und beantragte anschließend die Androhung von Ordnungsmitteln (§ 890 Abs. 2 ZPO) bezüglich der notariellen Unterlassungserklärung. Die Beklagte beantragte im einstweiligen Verfügungsverfahren, der Klägerin eine Frist zur Klageerhebung zu setzen (§ 926 Abs. 1 ZPO). Das Landgericht Köln erließ den entsprechenden Beschluss, woraufhin die Klägerin das Hauptsacheverfahren (Unterlassungsklage) einleitete.

Das Oberlandesgericht Köln hatte in der Berufungsinstanz zu entscheiden, ob die Klägerin trotz der vorliegenden notariellen Unterlassungserklärung die Unterlassungsklage überhaupt erheben durfte und falls ja, ob der geltend gemachte Unterlassungsanspruch (noch) bestand. Beide Fragen bejahte das Oberlandesgericht Köln – anders als das Landgericht Köln – mit folgender Begründung:

Bei einem Wettbewerbsverstoß besteht zwischen der Beurkundung der notariellen Unterwerfungserklärung und der Zustellung der Ordnungsmittelandrohung eine Vollstreckungslücke. Erfolgen in dieser Zeit weitere Verletzungen, sind sie mit der notariellen Unterlassungsverfügung nicht sanktionierbar. Daher besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für einen solchen Titel, aus dem weitere Verletzungshandlungen schnellstmöglich sanktioniert werden können. Die Klägerin durfte also trotz der abgegebenen notariellen Unterlassungserklärung eine einstweilige Verfügung erwirken (dies hat sie im Parallelverfahren auch erfolgreich getan, vgl. Landgericht Köln, Az. 33 O 271/13).

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt der Klägerin hingegen für die Unterlassungsklage, weil sie einfacher bzw. schneller zu einem gleichwertigen Ergebnis kommen konnte. Ein Unterlassungsurteil entspricht einer notariellen Unterwerfungserklärung mit einer Ordnungsmittelandrohung, beides sind vollstreckbare Titel. Liegt dem Unternehmer eine notarielle Unterwerfungserklärung des Verletzers vor, kann der Unternehmer schneller und einfacher die Ordnungsmittelandrohung gegen den Verletzer erlangen als ein obsiegendes Unterlassungsurteil. Die Klägerin hätte die Unterlassungsklage also nicht erheben dürfen. Im entschiedenen Fall durfte sie dies ausnahmsweise doch, weil das Gericht ihr auf Antrag der Beklagten eine Klageerhebungsfrist setzte. Hätte die Klägerin diese Frist verstreichen lassen, hätte das Gericht die erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben (§ 926 Abs. 2 ZPO). Dadurch wäre erneut die Vollstreckungslücke entstanden, weil die Ordnungsmittelandrohung noch nicht vorlag.

Die – hier ausnahmsweise zulässige – Unterlassungsklage war auch begründet. Das beanstandete Verhalten der Beklagten war wettbewerbswidrig. Die durch die Verletzungshandlung begründete Wiederholungsgefahr bestand fort. Sie konnte nur mit Zustellung des Androhungsbeschlusses beseitigt werden. Erst ab diesem Zeitpunkt wäre die oben beschriebene Vollstreckungslücke geschlossen und der Verletzte ausreichend gegen weitere Verletzungshandlungen geschützt. Das Oberlandesgericht Köln erklärte ausdrücklich, an seiner zuvor – wenn auch nur im obiter dictum – geäußerten Rechtsauffassung nicht mehr festzuhalten, dass die Wiederholungsgefahr bereits durch die notarielle Unterlassungserklärung entfiele (vgl. Az. 6 W 43/14).

Das Oberlandesgericht Köln ließ die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der beiden aufgeworfenen Rechtsfragen (Auswirkungen der notariellen Unterlassungsverklärung auf das Rechtsschutzbedürfnis und auf die Wiederholungsgefahr) zu. Das Revisionsverfahren ist beim Bundesgerichtshof anhängig (Az. I ZR 100/15).

In der Praxis verliert die notarielle Unterlassungserklärung gegenüber der strafbewehrten Unterlassungserklärung nach § 12 Abs. 1 S. 1 UWG deutlich an Bedeutung. Die notarielle Unterlassungserklärung bleibt zwar geeignet, das Hauptsacheverfahren (Unterlassungsklage) zu verhindern. Ein einstweiliges Verfügungsverfahren gegen den Verletzer bleibt weiterhin möglich. Dieses kann die notarielle Unterlassungserklärung – anders als die strafbewehrte Unterlassungserklärung – nicht verhindern, weil sie die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt. Kommt es dem Verletzer entscheidend auf die beschriebenen Vorteile der notariellen Unterlassungserklärung an, muss er daneben weitere Sicherungsmaßnahmen anbieten, um eine einstweilige Verfügung zu verhindern. Eine solche zusätzliche und die Wiederholungsgefahr ausschließende Maßnahme ist die gleichzeitige Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die ihre Wirkung verliert, sobald die Ordnungsmittelandrohung zugestellt wird (auflösende Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB).

Urteil im Volltext.