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Online-Marketing: Unzulässige Werbung mit Bewertungen aus Gewinnspielteilnahme (gekaufte Kundenbewertungen und Werbung auf Social-Media-Plattform)

Für den Erfolg eines Unternehmens sind positive Kundenbewertungen im digitalen Zeitalter besonders wichtig. Die Marketingabteilungen der Unternehmen versuchen mit unterschiedlichsten Mitteln Kundenbewertungen zu generieren, um den regelrechten „Kampf um Bewertungen“ zu gewinnen. Gelegentlich entscheiden sie sich allerdings für den verlockend einfachen, aber wettbewerbsrechtlich gefährlichen und unlauteren Weg, die (positiven) Kundenbewertungen mit einer Leistung zu belohnen. Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zu entscheiden.

Das Urteil des OLG Frankfurt a.M. vom 20.08.2020, Az. 6 U 270/19 finden Sie im Volltext hier: PDF-Datei.

1. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 20.08.2020, Az. 6 U 270/19)

Die Parteien sind Mitbewerber und verkaufen beide Whirlpools. Das klagende Unternehmen beanstandete die Werbung des Konkurrenten. Diese Werbung sei irreführend und damit unlauter. Daher verlangte das klagende Unternehmen zunächst außergerichtlich und dann gerichtlich, dass die Werbung unterlassen wird. Das Landgericht Frankfurt a.M. (LG Frankfurt a.M. vom 19.11.2019, Az. 6 O 87/18) sah ebenfalls einen UWG-Verstoß und verurteilte das beklagte Unternehmen zur Unterlassung. In der Berufungsinstanz (II. Instanz) bestätigte das OLG Frankfurt a.M. das Urteil und verpflichtete das beklagte Unternehmen es zu unterlassen,

mit Bewertungen zu werben, wenn auf diese Bewertungen Einfluss seitens der Beklagten genommen wurde durch die Ermöglichung einer Teilnahme an einem Gewinnspiel als Gegenleistung für die Abgabe einer Bewertung, wie geschehen auf der Social-Media-Plattform Facebook [...]“

Was geschah:

Die Beklagte veröffentlichte einen „Post“ auf der Plattform Facebook. Dort ging es um ein Gewinnspiel, bei dem man einen Luxus-Whirlpool gewinnen konnte. Im Text der Beklagten hieß es:

Wie du gewinnen kannst? Ganz einfach: Diesen Post liken, kommentieren, teilen; unsere Seite liken oder bewerten. Jede Aktion erhält ein Los und erhöht deine Gewinnchance.

Daraufhin erhielt die Beklagte auf Facebook und auf zwei anderen Portalen mindestens zwei positive Bewertungen von Kunden. Insgesamt sind auf allen drei Portalen mehr als 4.000 positive Bewertungen auffindbar.

Die Klägerin verlangte von der beklagten Konkurrentin, dass sie die Werbung mit Bewertungen unterlässt, welche als Gegenleistung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel abgegeben wurden. Die Beklagte wehrte sich dagegen mit dem Argument, dass die Klägerin nur zwei Bewertungen als Beweis für das Unterlassungsverlangen vorgetragen habe. Sie müsse vortragen und beweisen, dass mehr als nur zwei Bewertungen tatsächlich aufgrund des Gewinnspiels abgegeben wurden.

Unterlassungsanspruch wegen irreführender Werbung

Die Klägerin hat – als Mitbewerberin der Beklagten – gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung aus § 8 Abs. 1 und 3, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 UWG. Die Werbung mit solchen Bewertungen ist irreführend und damit unlauter. Dazu führt das Gericht wie folgt aus:

Äußerungen Dritter wirken in der Werbung objektiv und werden daher im Allgemeinen höher bewertet als eigene Äußerungen des Werbenden [...]. Die Werbung mit bezahlten Empfehlungen ist daher unzulässig. Ein Kunde, der eine Empfehlung ausspricht, muss in seinem Urteil frei und unabhängig sein. Ein zu Unrecht erzeugter Anschein der Objektivität ist irreführend. [...]

Die Beklagte wirbt mit ihren Facebook-Bewertungen und der dort erzielten guten Durchschnittsnote auf Facebook und in anderen sozialen Netzwerken, namentlich bei „Google My Business“ [...] und bei „11880.com“ [...]. Die Bewertungen sind zumindest teilweise nicht frei und unabhängig abgegeben worden. Es ist davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bewertungen nur deshalb abgegeben wurde, weil die Bewerter durch die Gewinnspielteilnahme „belohnt“ wurden. Es liegt auch auf der Hand, dass Bewertungen aus Anlass des Gewinnspiels eher positiv ausfallen. Es ist damit zwar keine „bezahlte“ Empfehlung im Wortsinn gegeben. Gleichwohl sind die Bewertungen nicht als objektiv anzusehen. Besucher der Seiten der Antragsgegnerin auf den Plattformen Facebook, Google My Business und 11880.com, die die Werbung mit der hohen Anzahl an Bewertungen und der hohen Durchschnittspunktzahl sehen, gewinnen demgegenüber den Eindruck grundsätzlich objektiver Bewertungen. Sie werden irregeführt.

Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Kunden

Das Gericht prüfte und bestätigte, dass die Irreführung auch geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer – wie es § 5 Abs. 1 UWG voraussetzt – zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die der Verbraucher sonst nicht getroffen hätte. Dabei hebt das Gericht Folgendes hervor:

Der Begriff „geschäftliche Entscheidung“ erfasst außer der Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten eines Geschäfts [...] oder – wie hier – den Zugang zu einem im Internet angebotenen Produkt über eine Werbeseite, um sich mit dem Produkt im Detail zu beschäftigen [...]. Die Werbung mit einer hohen Zahl ganz überwiegend positiver Bewertungen ist geeignet, Verbraucher dazu zu veranlassen, sich mit dem Angebot der Antragsgegnerin näher zu befassen [...].

Anscheinsbeweis für die Verbindung zwischen dem Gewinnspiel und den Bewertungen

Das Gericht musste sich schließlich mit der Frage beschäftigen, ob die Angaben des Klägers in der Klageschrift ausreichend sind, um seine Klage bzw. seinen Unterlassungsanspruch zu begründen. Der Kläger hat nämlich von den 4.000 Bewertungen nur bei zwei Bewertungen vorgetragen, dass sie auf das Gewinnspiel zurückzuführen sind.

Das Gericht sah diese Beweise aber als ausreichend an und begründete den Anspruch zudem mit einem Anscheinsbeweis:

Der Klägerin waren danach weitere substantiierte Darlegungen zur tatsächlichen Anzahl der von dem Gewinnspiel beeinflussten Bewertungen gar nicht möglich. Bei dieser Sachlage spricht viel dafür, dass die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast dafür triff, dass außer den beiden mit der Klage vorgelegten Bewertungen keine weiteren auf das Gewinnspiel zurückzuführen sind. Schließlich hat sie den Zusammenhang zwischen den Bewertungen und dem Gewinnspiel selbst geschaffen. Jedenfalls streitet zugunsten der Klägerin aber ein Anscheinsbeweis, der dahingeht, dass ein erheblicher Teil der Bewertungen nur deshalb abgegeben wurde, weil der jeweilige Bewerter hierzu durch das Gewinnspiel veranlasst wurde. Vortrag, der diesen Anscheinsbeweis erschüttern könnte, hat die Beklagte nicht gehalten.

2. Kundenbewertungen und die Werbung mit diesen Bewertungen weiterhin rechtlich sensibel

Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main ist überzeugend, entspricht der Rechtssystematik und vor allem sorgt dafür, dass das Gewicht und die Bedeutung von Kundenbewertungen für die Zuverlässigkeit und Qualität eines Unternehmens nicht „verwässert“ werden.

So verlockend es für ein Unternehmen auch ist, zügig und möglichst effizient an eine Vielzahl von positiven Kundenbewertungen zu gelangen, ist bei Marketingmaßnahmen zur Generierung von Kundenbewertungen ein besonderes Fingerspitzengefühl erforderlich und eine konsequente rechtliche Bewertung der Gesamtmaßnahme und der Online-Darstellung geboten. Dabei sind unter anderem auch die Leitlinien zur Umsetzung und Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG über die unlauteren Geschäftspraktiken vom 25.05.2016, SWD (2016) 163 final, insbesondere Ziffer 5.2.9. zu beachten. Andernfalls könnten schnell gewonnene unlautere positive Kundenbewertungen negative Auswirkungen auf das Unternehmen haben (wie z.B. Rufschädigung, Kosten für die Beseitigung der Bewertungen, Kundenverlust u.a.).

Unser Team von WERNER RI unterstützt Sie gern bei der Gestaltung Ihrer (Online-)Marketingmaßnahmen. Sprechen Sie uns gern an: Kontakt.

Autorin: RAin Kristina Dimitrova LL.M.