Angeschuldigter des Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft Berlin war ein Host-Provider, der Website-Betreibern Webspace vermietet. Mehrere Kunden des Angeschuldigten betrieben Websites mit rechtsradikaler Ausrichtung. Einige dieser Betreiber waren verdächtig, durch den Inhalt ihrer Websites Straftaten zu begehen (insbesondere Volksverhetzung, Beleidigung und üble Nachrede). Das Landgericht Berlin lehnte den Antrag der Staatanwaltschaft ab, gegen den Angeschuldigten das Hauptverfahren wegen Beihilfe zu diesen Straftaten zu eröffnen.
Das Kammergericht wies die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Ablehnungsbeschluss des Landgerichts zurück. Dem Angeschuldigten war der erforderliche Gehilfenvorsatz nicht nachzuweisen.
Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe von einer rechtswidrigen Haupttat Kenntnis hat oder er diese für möglich hält und zumindest billigend in Kauf nimmt (Eventualvorsatz). Nach der Auffassung des Kammergerichts liegt Gehilfenvorsatz eines Host-Providers nur dann vor, wenn er die Straftaten auf den von ihm gehosteten Seiten positiv kennt. Diese Verengung des Gehilfenvorsatzes auf die positive Kenntnis ergibt sich nach der Auffassung des Kammergerichts aus § 10 Abs. 1 S. 1 TMG (Providerprivileg), welches wegen der Einheit der Rechtsordnung auch im Strafrecht gilt. Das Providerprivileg regelt, dass der Provider für Rechtsverstöße auf den von ihm gehosteten Seiten nur dann haftet, wenn er diese Rechtsverstöße positive kennt, ein Kennenmüssen reicht nicht aus. Das Kammergericht übertrug diese Regelung auf den Gehilfenvorsatz. Für den Gehilfenvorsatz des Angeschuldigten reichte es daher nicht aus, dass er die strafrechtlich relevanten Beiträge bei einer Überprüfung der Websites hätte finden und verhindern können. Dies stellte lediglich ein für den Gehilfenvorsatz unerhebliches Kennenmüssen dar. Positive Kenntnis hatte der Angeschuldigte nicht.