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BGH-Urteil Cookie-Einwilligung II: Cookies zu Werbezwecken nur mit aktiver Einwilligung ... und etwas mehr

Auch eine BGH-Enscheidung trägt nicht immer zur Rechtsklarheit bei, jedenfalls nicht im erwünschten Maß. Nach "Cookie-Einwilligung II" ist klar, dass die Einwilligung ausdrücklich erteilt werden muss, und zwar für Werbe-Cookies. Unklar – weil nicht entschieden – ist jedoch, ob auch die technisch erforderlichen Cookies, wie Warenkorb-Cookies, zwingend einer Einwilligung bedarf oder auf dere Rechtsgrundlage gestützt werden kann.

Den Volltext des Urteils vom 28.05.2020 mit dem Aktenzeichen I ZR 7/16 finden Sie hier.

1. Überblick

Mit Urteil vom 28.05.2020, Az. I ZR 7/16 „Cookie-Einwilligung II“, entschied der BGH in einem im Jahre 2014 begonnenen Rechtsstreit, welche Anforderungen an die Einwilligung für die Speicherung von Cookies zu Werbe- und Marktforschungszwecken auf dem Endgerät des Nutzers (z.B. Smartphone, Tablet, Notebook oder Desktop-PC) zu stellen sind. Diese lange erwartete Entscheidung, in welcher die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union (nachfolgend „EuGH“ genannt) aus dem „Planet49“-Urteil vom 01.10.2019, Az. C-673/17, berücksichtigt werden mussten, ist nicht überraschend. Sie bringt zwar gewissermaßen Rechtssicherheit, erleichtert aber die Handhabung von Einwilligungen in der Werbepraxis weder für die Nutzer der Endgeräte noch für die werbenden Unternehmen.

Mit dem Ziel Rechtssicherheit zu diesem Thema zu schaffen, erarbeitete das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie einen Referentenentwurf vom 14.07.2020. Dieser Entwurf schlägt ein neues Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (nachfolgend „TTDSG-Entwurf“) vor, mit dem der Einsatz von Cookies rechtssicher möglich sein soll.

2. Das Urteil „Cookie-Einwilligung II“

a) Wer will was von wem?

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen ist der Kläger. Beklagte ist ein Unternehmen, welches im September 2013 auf seiner Internetseite ein Gewinnspiel veranstaltete. Nach Eingabe der Postleitzahl gelangte der Nutzer auf eine Internetseite, auf der Name und Anschrift des Nutzers einzutragen waren. Unter den Eingabefeldern für die Adresse befanden sich zwei mit Ankreuzfeldern versehene Einverständniserklärungen. Das in diesem Verfahren relevante zweite Ankreuzfeld war mit einem voreingestellten Häkchen versehen und hatte folgenden Text auf:

Ich bin einverstanden, dass der Webanalysedienst Remintrex bei mir eingesetzt wird. Das hat zur Folge, dass der Gewinnspielveranstalter nach Registrierung für das Gewinnspiel Cookies setzt, welches eine Auswertung meines Surf- und Nutzungsverhaltens auf Websites von Werbepartnern und damit interessensgerichtete Werbung durch Remintrex ermöglicht. Die Cookies kann ich jederzeit wieder löschen. Lesen Sie Näheres hier.

In der mit dem Wort "hier" verlinkten Erläuterung wurde darauf hingewiesen, dass die Cookies eine bestimmte, zufallsgenerierte Nummer (ID) erhalten, die den Registrierungsdaten des Nutzers zugeordnet war. Falls der Nutzer – mit dem Cookie auf dem Endgerät – die Webseite eines Remintrex-Werbepartners besuchen würde, sollte sowohl dieser Besuch erfasst werden als auch, für welches Produkt sich der Nutzer interessiert und ob es zu einem Vertragsschluss kommt.

Der voreingestellte Haken konnte angeklickt und damit entfernt werden. Eine Teilnahme am Gewinnspiel war aber nur möglich, wenn mindestens eines der beiden Felder mit einem Haken versehen war.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen verlangte, dem Unternehmen zu verbieten, voraktivierte Einverständniserklärungen in Gewinnspielvereinbarungen mit Verbrauchern einzubeziehen oder sich darauf zu berufen.

b) Der Prozessverlauf

In der ersten Instanz gewann der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Das Landgericht Frankfurt am Main verurteilte das Unternehmen, beide Einverständniserklärungen zu unterlassen. In der zweiten Instanz (Berufung) ging es teilweise anders aus. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main untersagte dem Unternehmen nur, das voreingestellte Ankreuzfeld mit der Einwilligungserklärung der Cookies-Nutzung zu verwenden. Beide Parteien haben die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt.

Der BGH hat das Verfahren mit Beschluss vom 05.10.2017 ausgesetzt und dem EuGH verschiedene Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation, sog. Cookie-Richtlinie bzw. ePrivacy-Richtlinie), der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie) sowie der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) hinsichtlich der Wirksamkeit einer Einwilligung in das Setzen von Cookies durch ein voreingestelltes Ankreuzkästchen vorgelegt. Diese Fragen beantwortete der EuGH mit Urteil vom 01.10.2019, Az. C-673/17 und stellte fest, dass vorangekreutze Einwilligungen in Cookies zu Werbezwecken nicht den Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 S. 1 Cookie-Richtlinie entsprechen.

Der BGH stellte mit seiner Entscheidung vom 28.05.2020 das erstinstanzliche Urteil wieder her und klärte das Verhältnis zwischen der in § 15 Abs. 3 TMG geregelten sog. Widerspruchslösung und Art. 5 Abs. 3 S. 1 Cookie-Richtlinie.

c) Die Begründung des BGH

Der BGH stellte im Urteil die unangemessene Benachteiligung der Nutzer nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB durch die vorangekreuzte Einwilligung fest. Die vorangekreuzte Einwilligung genügt nicht den Anforderungen des § 15 Abs. 3 TMG i.V.m. Art. 5 Abs. 3 S. 1 Cookie-Richtlinie, wenn die Einwilligung der Datenverarbeitung zur Nutzerprofilerstellung für Werbezwecke und zur Marktforschung dient. Es müssen vielmehr die Anforderungen nach Art. 7 DS-GVO erfüllt sein, d.h. die Einwilligung muss informiert, freiwillig und transparent sowie ausdrücklich erteilt werden.

Der BGH musste dafür das Verhältnis zwischen § 15 Abs. 3 TMG, in dem die so genannte „Widerspruchslösung“ im deutschen Recht geregelt ist, zur DS-GVO und zu der Cookie-Richtlinie klären. Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG darf der Diensteanbieter für Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Telemedien pseudonymisierte Nutzungsprofile erstellen, sofern der Nutzer nach einer Unterrichtung über sein Widerspruchsrecht dem nicht widerspricht. Der BGH stellte fest, dass § 15 Abs. 3 TMG den Art. 5 Abs. 3 S. 1 Cookie-Richtlinie umsetzt, daher richtlinienkonform auszulegen ist und nach Art. 95 DS-GVO weiterhin fort gilt. Damit seien die Anforderungen des Art. 7 DS-GVO bezüglich der Einwilligungserteilung auch im Telemedienbereich zu berücksichtigen und der Diensteanbieter dürfe Cookies zur Erstellung von Nutzungsprofilen für Zwecke der Werbung oder Marktforschung nur mit Einwilligung des Nutzers einsetzen.

Das Gericht hat auch in diesem Urteil keine Aussagen dazu gemacht, ob Cookies jeglicher Art (d.h. auch Session- oder Warenkorb-Cookies, welche nicht unmittelbar Werbezwecken dienen) nur auf der Grundlage einer Einwilligung verarbeitet werden dürfen. Dies ist konsequent, weil es sich im Sachverhalt lediglich um Cookies handelte, welche zur Profilerstellung für Werbezwecke und für Marktforschung dienten.

3. Der Entwurf des Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes

Mit dem Entwurf des TTDSG

Entwurf eines Gesetzes über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und bei Telemedien sowie zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes, des Telemediengesetzes und weiterer Gesetze

vom 14.07.2020 (Link) soll Rechtsklarheit über das Verhältnis zwischen den Regelungen der DS-GVO, des TKG und des TMG geschaffen werden. Folgende Zielvorgaben sind im Entwurf genannt:

Der vorliegende Gesetzentwurf soll für Rechtsklarheit sorgen. Die Neuregelung soll auch dazu dienen, die Verwirklichung eines wirksamen und handhabungsfreundlichen Datenschutzes und Schutzes der Privatsphäre zu erleichtern, insbesondere mit Blick auf die in vielen Fällen erforderliche Einwilligung in die Verarbeitung von Verkehrs- und Standortdaten oder in das Speichern und Abrufen von Informationen auf Endeinrichtungen der Endnutzer.

Dafür sollen die Datenschutz-Bestimmungen des TMG und des TKG, einschließlich der Bestimmungen zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses, aufgehoben und in einem neuen Gesetz zusammengeführt werden. Dabei sollen zugleich die erforderlichen Anpassungen an die DS-GVO erfolgen.

Im § 9 „Einwilligung bei Endeinrichtungen“ sind die Anforderungen an die Nutzung von Cookies wie folgt vorgesehen, wobei besondere Aufmerksamkeit § 9 Abs. 4 TTDSG-Entwurf verdient:

(1) Das Speichern von Informationen auf Endeinrichtungen des Endnutzers oder der Zugriff auf Informationen, die bereits in seinen Endeinrichtungen des Endnutzers gespeichert sind, ist nur erlaubt, wenn der Endnutzer darüber gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 informiert wurde und er eingewilligt hat.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Speicherung von Informationen auf Endeinrichtungen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits in Endeinrichtungen gespeichert sind,

1. technisch erforderlich ist, um eine Kommunikation über ein elektronisches Kommunikationsnetz zu übermitteln oder um Telemedien bereitzustellen, deren Inanspruchnahme vom Endnutzer gewünscht wird,
2. vertraglich ausdrücklich mit dem Endnutzer vereinbart wurde, um bestimmte Dienstleistungen zu erbringen, oder
3. zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen erforderlich ist.

(3) Im Falle der Inanspruchnahme von Telemedien liegt eine wirksame Einwilligung in die Speicherung von Informationen auf Endeinrichtungen oder in den Zugriff auf Informationen, die bereits in Endeinrichtungen gespeichert sind, vor,

1. wenn der Diensteanbieter den Endnutzer darüber informiert hat, welche Informationen zu welchem Zweck und wie lange auf Endeinrichtungen gespeichert bleiben und ob Dritte Zugriff auf diese Informationen erhalten, und
2. der Endnutzer mittels einer Funktion diese Information aktiv bestätigt und die Telemedien in Anspruch nimmt.

(4) Der Endnutzer kann die Einwilligung auch erklären, in dem er eine dafür vorgesehene Einstellung seines Browsers oder eine andere Anwendung auswählt.

Die Regelungen in Absätzen 1 bis 3 unterscheiden sich von der aktuellen Rechtslage nicht und geben fast wortgleich den Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 Cookie-Richtlinie wieder. Der Entwurf lässt aber noch eine weitere Möglichkeit für die Erteilung der Einwilligung zu und dies ist zu begrüßen, nämlich die Voreinstellung des Browsers durch den Internetnutzer selbst. Damit wird auf die aktuelle Flut an Cookies-Einwilligungsbannern in der Praxis geantwortet (meist als Teil von Consent Management-Plattformen, kurz CMP), welche durch das Urteil des BGH noch verstärkt wurde. Auch der Europäische Datenschutzausschuss (nachfolgend „EDSA“ genannt) wies in seinen Leitlinien zu Cookies (Link zum Artikel von WERNER RI) auf diese Problematik hin: Die hohe Anzahl von Aufforderungen auf Websites, eine Einwilligung durch einen Klick oder „Wisch“-bewegung abzugeben, kann dazu führen, dass die Warnfunktion dieser Einwilligungsanfragen abgeschwächt wird. Der EDSA betont, dass es nach der DS-GVO Aufgabe des Verantwortlichen sei, dieses Problem zu bewältigen, indem neue Handhabungswege entwickelt werden. Welche Wege dies sein können, wird aber nicht aufgezeigt. Die im § 9 Abs. 4 TTDSG-Entwurf vorgeschlagenen Lösung würde die aktuelle Suche nach solchen Wegen zu einem großen Teil beenden, wenn die Nutzer diese über diese Möglichkeit aufgeklärt werden und diese nutzen.

Wie und wann dieser Entwurf weiter aufgegriffen und entwickelt wird, ist aktuell noch nicht bekannt.

5. Fazit

Das Urteil des BGH vom 28.05.2020 konnte die in der Werbebranche herrschende Rechtsunklarheit nur teilweise beseitigen. Nun ist es klar, dass Speicherung von Cookies zu Werbe- und Markforschungszwecken auf dem Endgerät des Nutzers seine aktive Einwilligung erfordert. Wie aber diese Einwilligung wirksam in der schnelllebigen Welt und auf mobilen Geräten eingeholt werden kann, bleibt eine Frage der praktischen Umsetzung. Hier müssten die Verantwortlichen in Abstimmung mit ihren Beratern aus dem technischen und juristischen Bereich entsprechende und für ihre Websites passende und dennoch wirksame Wege für die Abgabe einer Einwilligung entwickeln, wenn dies noch nicht geschehen ist.

Autorin: RAin Kristina Dimitrova LL.M.