rauf

Wie können wir Ihnen weiterhelfen?

+49 (0) 221 / 97 31 43 - 0

Sie brauchen rechtliche Beratung? Dann rufen Sie uns an für eine unverbindliche und kostenlose Ersteinschätzung. Bundesweit!

info@werner-ri.de

Gerne können Sie uns Ihr rechtliches Anliegen per E-Mail schildern. Sie erhalten zeitnah eine unverbindliche und kostenlose Ersteinschätzung von uns.
Sie sind hier: Startseite / Rechtsnews

Arbeitsgericht Düsseldorf: Auskunft verpennt? Das kann teuer werden.

Die Frage, ob eine nicht vollständige oder zu späte Auskunft einen Schadensersatzanspruch begründet, wird weiterhin unterschiedlich beantwortet. In einem aktuellen Fall musste ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Schadensersatz in Höhe von 5.000 € zahlen, entschied das Arbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 05.03.2020, Az. 9 Ca 6557/18).

Den Volltext des Urteils mit dem Az. 9 Ca 6557/18 finden Sie hier.

Die DS-GVO-Auskunft über die Datenverarbeitung sollte schnell und vollständig erteilt werden. Anderenfalls droht Schadensersatz: 5.000 € für fünf Monate Verzug und für eine intransparente Auskunft sah das Arbeitsgericht Düsseldorf als angemessen an, weil der Arbeitgeber das Recht auf Auskunft (Art. 15 DS-GVO) verletzt hatte.

1.    Sachverhalt

Einige Sachverhaltsumstände sind zwischen den Parteien strittig und die Klageanträge sehr weit gefasst. Der Sachverhalt ist hier auf das nach unserer Sicht Wesentliche zusammengefasst:

Es ging um ein Auskunftsverlangen, welches dem beklagten Arbeitgeber per Post am 07.06.2018 zuging. Die Auskunft erfolgte fünf Monate später, nämlich erst am 10.12.2018 mittels elektronisch hinterlegtem Datensatz.

Zum Inhalt der Auskunft heißt es im Urteil:

Die Beklagte [der Arbeitgeber] erklärt dort, dass die Datenverarbeitung zum Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses, namentlich zu dessen Abwicklung und Beendigung, zur Erfüllung bestehender rechtlicher Verpflichtungen und zur Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 26 BDSG bzw. Art. 6 Abs. 1 lit. b), c) und f) DS-GVO erfolge.

Der Kläger [Arbeitnehmer] machte Verstöße gegen die DS-GVO geltend, u.a. auch, dass die Auskunft nicht transparent und nicht verständlich genug sei. Zudem beantragte der Kläger den Ersatz des immateriellen Schadens.

2.    Rechtliche Begründung

Das Gericht gab dem klagenden Arbeitnehmer Recht und bemängelte insbesondere die mangelhafte Transparenz der Auskunft. Im Einzelnen:

Anforderungen an eine präzise, transparente, verständliche und leicht zugängliche Auskunft nach Art. 12 Abs. 1 DS-GVO

Zum einen führte das ArbG Düsseldorf aus, dass die Auskunft zu allgemein und zu pauschal sei und damit intransparent. Das ArbG Düsseldorf wörtlich:

Damit gibt die Beklagte pauschal fast die ganze Bandbreite im Privatrechtsverkehr naheliegender Zwecke an, ohne konkret und detailliert die Zwecksetzungen mitzuteilen.

Zum anderen verwies die Beklagte [Arbeitgeber] pauschal auf einen Anhang mit mehreren hundert Seiten. Dieser Verweis entspräche ebenfalls nicht den Anforderungen des Transparenzgebotes nach Art. 12 Abs. 1 DS-GVO. Das Gericht wörtlich:

[Weil sich die Auskunft] in einer den Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 S. 1 DS-GVO nicht genügenden Bezugnahme auf das Unterlagenkonvolut der Anlage 1 erschöpft.

Das ArbG Düsseldorf sah jedenfalls in den Auskünften über die Verarbeitungszwecke und über die Kategorien personenbezogener Daten durch die pauschale Verweisung auf die Vertragsbeziehung und auf ein Konvolut von mehreren hundert Seiten ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nach Art. 12 Abs. 1 DS-GVO.

Schadensersatz bei jedem Verstoß gegen die Verordnung [DS-GVO]

Nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO kann jeder „Verstoß gegen die Verordnung“ eine Schadenersatzpflicht begründen. Es lägen zwei Verstöße nach Art. 82 DS-GVO vor, zum einen der Verstoß der verspäteten Auskunft sowie der Verstoß gegen das Transparenzgebot hinsichtlich der Verarbeitungszwecke. Der Begriff des Schadens sei weit auszulegen und der Umfang der Ziele der Datenschutzgrundverordnung zu berücksichtigen. Daher ist bei einem Datenschutzverstoß nicht nur ein konkreter materieller Schaden zu ersetzen, z.B. entstandene Kosten wie Rechtsanwaltskosten, sondern auch ein immaterieller, z.B. ein Schmerzensgeld. Das ArbG Düsseldorf wörtlich:

Ein immaterieller Schaden entsteht nicht nur in den „auf der Hand liegenden Fällen“, wenn die datenschutzwidrige Verarbeitung zu einer Diskriminierung, einem Verlust der Vertraulichkeit, einer Rufschädigung oder anderen gesellschaftlichen Nachteilen führt, sondern auch, wenn die betroffene Person um ihre Rechte und Freiheiten gebracht oder daran gehindert wird, die sie betreffenden personenbezogenen Daten zu kontrollieren.

Das Betroffenenrecht der datenschutzrechtlichen Auskunft sei besonders schützenswert und als zentrale Norm der DS-GVO bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs besonders zu gewichten. Bei der konkreten Abwägung des Verstoßes können die Gerichte

bei der Bemessung des immateriellen Schadensersatzes [sich] auch an Art. 83 Abs. 2 DS-GVO orientieren, sodass als Zumessungskriterien unter anderem Art, Schwere, Dauer des Verstoßes, Grad des Verschuldens, Maßnahmen zur Minderung des den betroffenen Personen entstandenen Schadens, frühere einschlägige Verstöße sowie die Kategorien der betroffenen personenbezogenen Daten betrachtet werden können.

Bei der Bemessung der konkreten Schadenshöhe, sei ferner nicht nur der Betroffene und seine Belange zu berücksichtigen, sondern auch der Verantwortliche, z.B. seine Größe, Finanzkraft, Vorteile aus dem Datenschutzverstoß. Hierzu das Gericht:

Da der Schadensersatz eine angemessene Wirkung erzielen soll, hängt dessen Höhe nicht nur vom eingetretenen immateriellen Schaden, sondern auch von dem nach Art. 4 Ziff. 7 DS-GVO Verantwortlichen und dessen Finanzkraft ab. Mit anderen Worten: Die Verletzung der Auskunftspflicht aus Art. 15 DS-GVO durch einen finanzschwächeren Verantwortlichen würde zu geringerem Schadensersatz führen.

In konkreten Zahlen ausgedrückt ergeben sich nach der Abwägung zwischen dem Betroffenen und dem Verantwortlichen unter der Berücksichtigung der konkreten Datenschutzverletzung die festgelegten 5.000 € wie folgt:

für die ersten zwei Monate der Verspätung jeweils 500 € [zusammen 1.000 €], für die weiteren etwa drei Monate jeweils 1.000 € [zusammen 3.000 €] und für die beiden inhaltlichen Mängel der Auskunft jeweils 500 € [zusammen 1.000 €] angesetzt.

3.    Anmerkung

Vorab sei gesagt, dass in diesem Fall das letzte Wort wohl noch nicht gesprochen ist. Das ArbG Düsseldorf ließ die Berufung ausdrücklich zu. Der verklagte Arbeitgeber kann die Entscheidung also nun überprüfen lassen; nach dem entsprechenden Artikel bei LTO ist die Berufung auch bereits anhängig, und zwar beim Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf. Eine obergerichtliche und womöglich auch eine höchstrichterliche Entscheidung ist aus unserer Sicht wahrscheinlich.

Spannend bleibt, wie sich die Höhe des Schadensersatzes weiterentwickelt. Nun ist wieder ein Urteil hinzugekommen, aus dem sich etwaige Ansprüche prognostizieren lassen. Der noch ablehnenden Haltung in Schadensersatzfragen und der Verweis auf Bagatellschäden (WERNER RI berichtete) folgte das ArbG Düsseldorf nicht.

Die zeitliche Verzögerung bei, datenschutzrechtlichen Auskunftsverlangen dürfte den meisten Unternehmen geläufig und die fristgerechte Auskunft gerade im Massengeschäft eine herausfordernd sein. Die Anforderungen an die Transparenz sind nach diesem Urteil besonders hoch, weil pauschale Verweise auf eine bestehende Vertragliche Beziehung nicht als ausreichend transparent erachtet wurde. Gerade im Massengeschäft mit vielen Vertragspartnern dürfte die Auseinandersetzung mit den einzelnen Betroffenen schwierig sein, ohne allgemein Bezugnahme, wie etwa die vertragliche Beziehung, zu wählen. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Transparent und pauschalen Verweisen auf einen Vertrag sollten die Verantwortliche nach diesem Urteil ihre datenschutzrechtlichen Auskünfte noch einmal kritisch prüfen und, falls nötig, anpassen.

Autor: RA David Humborg LL.M.